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218454

(1990) Geschichte als Literatur, Stuttgart, Metzler.

Nach der Ideologiekritik

Überlegungen zu geschichtlicher Darstellung

Peter Uwe Hohendahl

pp. 77-90

Wenn je zwischen der deutschen Literaturwissenschaft und ihren westeuropäischen und amerikanischen Paralleldisziplinen eine unübersehbare Differenz zu konstatieren war, so ist es gegenwärtig. Zwischen den Fragen, welche die deutsche — und damit meine ich sowohl die westdeutsche als auch die ostdeutsche — Literaturwissenschaft beschäftigen, und den Problemen, mit denen sich zum Beispiel die amerikanische Kritik zur Zeit auseinandersetzt, bestehen nicht eben viele Gemeinsamkeiten. Während in der deutschen Germanistik Fragen der Geschichtlichkeit in den vergangenen Jahren eher an den Rand gedrängt worden sind, haben sie sowohl in England als auch in den USA an Dringlichkeit gewonnen und entsprechend das theoretische Feld neu markiert1. Nachdem die Rezeptionsästhetik als das letzte deutlich profilierte Paradigma in Deutschland unverkennbar an Einfluß verloren hat, zeichnen sich keine neuen Schulbildungen mehr ab, wenn man nicht den seit 1980 einsetzenden, aber sicher zunehmenden Einfluß des französischen Poststrukturalismus als eine auch generationsspezifische Form der Gruppenbildung bezeichnen will2. Doch gerade dieser, international gesehen, verspätete Einbruch der französischen Theorie hat die Reflektion über Literaturgeschichte, wie mir scheint, eher blockiert als gefördert. Da der Poststrukturalismus, und zwar nicht ohne Grund, als Kritik des Historismus, rezipiert wurde, bildeten sich problematische Fronten heraus: Die historisch orientierten Pragmatiker und die antihistorisch denkenden Theoretiker standen und stehen einander verständnislos gegenüber. Daß diese antihistorische Einstellung keinesfalls notwendig in der poststrukturalistischen Theorie angelegt ist, ist vor allem an der englischen und amerikanischen Diskussion abzulesen3.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03341-3_8

Full citation:

Hohendahl, P. (1990)., Nach der Ideologiekritik: Überlegungen zu geschichtlicher Darstellung, in H. Eggert, U. Profitlich & K. R. Scherpe (Hrsg.), Geschichte als Literatur, Stuttgart, Metzler, pp. 77-90.

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