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208818

(1995) Einführung in die Literaturwissenschaft, Stuttgart, Metzler.

Topik/Inventio

Uwe Hebekus

pp. 82-96

Topik ist gegenwärtig sicher kein Leitbegriff, den eine der diversen literaturtheoretischen Richtungen sich auf ihre Fahnen geschrieben hätte. Und auch wenn man sich an die Definitionen hält, wie sie kurrenten Handbüchern der Rhetorik zu entnehmen sind, stehen die Chancen eher schlecht, wissen zu können, warum die Kenntnis der topischen Tradition eine Orientierung des literaturwissenschaftlichen Geschäfts zu liefern vermag: Topik ist, nüchtern betrachtet, zunächst nichts weiter als ein Element der rhetorischen ›Findungslehre‹ (heuresis/inventio; vgl. Lausberg 1990, 25f., 146f., 201f.). Befaßt sich die inventio mit der Erschließung und Ausfaltung des Sachgehalts poetischer und nicht-poetischer Rede (excogitatio), so sorgt die Topik als deren Hilfsmittel, als Suchsystem zum Auffinden von ›Argumenten‹ dafür, daß die argumentative Durchschlagskraft rhetorischer ›Erfindungen‹ nicht dem Zufall (tyche/casu) überlassen bleibt, sondern zum verfügbaren Produkt einer Kunst und einer Methode (techne/ars) wird. Der rhetorische Topiker ist laut Cicero ein Jäger, der »die Gefilde kennt, in denen man das, was man sucht, zu jagen oder aufzuspüren hat« (Cicero 1976, 299). Die Kenntnis der »Gefilde«, der Orte (topoi/loci), an denen die Argumente ›sitzen‹, gibt der Topik ihren Namen. Topoi sind Suchformeln, Erschließungsgesichtspunkte, die helfen, den Gegenstand der Rede in möglichst all seinen Aspekten (copia) zu entfalten.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03544-8_9

Full citation:

Hebekus, U. (1995)., Topik/Inventio, in M. Pechlivanos, S. Rieger, W. Struck & M. Weitz (Hrsg.), Einführung in die Literaturwissenschaft, Stuttgart, Metzler, pp. 82-96.

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