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204405

(1968) Werte und Tatsachen, Dordrecht, Springer.

Werttheorien

Wolfgang Köhler

pp. 25-45

Ich habe von einer Unterhaltung berichtet, in der ein Freund von mir bittere Angriffe auf die Wissenschaft machte. Entweder, meinte er, ist die Wissenschaft ohnmächtig, wo immer sie den wichtigen Problemen der Menschheit nahe kommt, oder sie neigt dazu, wenn sie doch versucht, menschliche Belange zu behandeln, deren eigentliche Natur zu verzerren. So gut wie allen Tätigkeiten des Menschen, fuhr er fort, liegen Werte zugrunde, d. h. die Überzeugung, daß manche Dinge ‚sein sollten", andere aber nicht. Die Wissenschaft aber mit ihrem außerordentlichen Interesse an bloßen Tatsachen lasse jedes Verständnis für solche Werte oder Gefordertheiten vermissen. Schließlich ging der Kritiker so weit zu behaupten, daß die Wissenschaft am Ende ihre eigenen Grundlagen erschüttern und infolgedessen ihr Selbstvertrauen verlieren müsse. Es gäbe ja kein wissenschaftliches Verfahren ohne wenigstens die Erfordernisse der Logik, die Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Dingen usw. Daher müsse eine Wissenschaft, die allen Ernstes nichts zulassen wolle als indifferente Tatsachen, sich unbedingt durch ihr eigenes Vorgehen früher oder später schwer schädigen.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-642-88701-7_2

Full citation:

Köhler, W. (1968). Werttheorien, in Werte und Tatsachen, Dordrecht, Springer, pp. 25-45.

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