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220947

(2018) Faust-Handbuch, Stuttgart, Metzler.

Faust und Don Juan

Annette Simonis, Alexandra Müller

pp. 237-243

Faust und Don Juan erweisen sich in vielfacher Hinsicht als parallele Entwürfe neuzeitlichen Individualitätsbewusstseins und Identitätsstrebens, wobei sie zugleich als komplementäre Verwirklichungsformen solcher frühmoderner Zielsetzungen und Selbstentwürfe zu begreifen sind (s. Kap. 2). Beide mythischen Charaktere sind motivgeschichtlich betrachtet in der Frühen Neuzeit verankert und haben seither insbesondere die Dramenliteratur (einschließlich des Musiktheaters) bereichert. Ihre Attraktivität liegt nicht zuletzt in ihrem handlungsmotivierenden Bestreben, die herkömmlichen Grenzen der menschlichen Natur zu überschreiten (Bloch 1959). Das Einzigartigkeitsparadoxon moderner Individualität erhält in ihnen eine spezifische Ausprägung, insofern sie gleichzeitig den Wunsch verfolgen, die eigene Besonderheit uneingeschränkt zu entfalten und eine Verbundenheit mit der sozialen und kosmischen Dimension durch die Überwindung und Entgrenzung des Subjekts zu erreichen. Aus ihren teils scheiternden, teils erfolgreichen Entgrenzungsversuchen erklärt sich nicht zuletzt die ungebrochene Faszination, die Faust und Don Juan auf die romantischen Schriftsteller und Künstler (wie E. T. A. Hoffmann, Lord Byron, Adelbert v. Chamisso, Hector Berlioz, Charles Gounod) ausübten.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-05363-3_28

Full citation:

Simonis, A. , Müller, A. (2018)., Faust und Don Juan, in C. Rohde, T. Valk & M. Mayer (Hrsg.), Faust-Handbuch, Stuttgart, Metzler, pp. 237-243.

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