220910

(1999) Entdecken und Verraten, Weimar, Böhlaus Nachfolger.

Das Böse im Denken Nietzsches

Christoph Wulf

pp. 353-360

In Form von Gewalt und Monstrosität ist das Böse immer wieder Thema. Filme, die Gewalthandlungen zeigen, Untaten in Szene setzen, Einbrüche des Monströsen darstellen, faszinieren. Videos mit gleichem Inhalt bringen den Horror in die »Freizeit«. Gewalt und Horror zeigen dem langweilig gewordenen Alltag und seiner ritualisierten Eintönigkeit neue Formen von Intensität. Das Verbrechen reizt; es verspricht Momente gesteigerten Lebens, neue »Intensitäten«. Es kommt zu einer »Umwertung« des Lebens. Die Ordnung und Sicherheit des bürgerlichen Alltags bedarf der Ergänzung um etwas, das ausgeschlossen wurde, um ihn in dieser Form konstituieren zu können. Wenigstens im Imaginären bedarf es dieser Erweiterung um das Unverfügbare, Willkürliche, Destruktive, um Verfestigungen des Alltags aufzulösen und neue Energien und Intensitäten freizusetzen. Das Bild des Menschen, das diese Filme und Videos inszenieren, ist ein Gegenbild; es bringt eine andere Anthropologie zum Ausdruck, als sie Politik und Wirtschaft, Justiz und Verwaltung, Erziehung und Wissenschaft wahrhaben wollen. Die Neuen Medien werden zum »Vorreiter« dieser Sicht des Menschen. Sie produzieren und befriedigen ein Bedürfnis nach Erregung und Ekstase durch Gewalt. Die Ästhetisierung von Gewalt, Monstrosität und Schrecken führt zu einer neuen Konfrontation mit dem Bösen, das auch für Wissenschaft und Philosophie wieder neu zum Thema wird.

Publikationsangaben

DOI: 10.1007/978-3-476-03269-0_26

Quellenangabe:

Wulf, C. (1999)., Das Böse im Denken Nietzsches, in A. Schirmer (Hrsg.), Entdecken und Verraten, Weimar, Böhlaus Nachfolger, pp. 353-360.

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