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218264

(2013) Historische Musikwissenschaft, Stuttgart, Metzler.

Text versus Performance

zu einem Dualismus der Musikgeschichtsschreibung

Camilla Bork

pp. 383-401

Der Dualismus von Text und Performance1 gehört mit unterschiedlichen Akzentuierungen zu den grundlegenden Denkmustern der Musikwissenschaft. Er schwingt bereits mit in der Philologisierung des Faches, wesentlich eingeleitet und vorangebracht durch die Editionstätigkeit Philipp Spittas und seiner Schüler. Spittas Auffassung, dass »man die Kunstwerke als Urkunden auffasst und mit allen Mitteln bestrebt sein will, sie ohne Rücksicht auf ästhetischen Genuss vor allem richtig zu lesen und zu deuten«2, rückte den Notentext, die philologischen Arbeiten an textkritischen Ausgaben ins Zentrum musikhistorischer Aktivitäten und verlieh dem Fach dadurch seine Identität. Im Mittelpunkt philologischer Bestimmungen und Erläuterungen standen das musikalische Kunstwerk bzw. seine materielle Grundlage, der Notentext. Die Diskussion über Praxis und Geschichte musikalischer Aufführung hingegen fand bis in die 1930er Jahre weitgehend außerhalb des akademischen Systems statt. Wegweisende Arbeiten, die Musikgeschichte als Geschichte musikalischer Aufführung und Aufführungspraktiken entwerfen, stammen, wie etwa die Publikationen Adolf Weissmanns zum Virtuosen, zur Primadonna und zum Dirigenten im 20. Jh., von Musikkritikern und richten sich an ein großes Publikum.3 Ansätze, den Dualismus von Text und Aufführung und den damit verbundenen Autonomiediskurs infrage zu stellen, finden sich darüber hinaus bei Paul Bekker, der ebenfalls aus der Position des Musikkritikers und-schriftstellers den Werkbegriff aus seiner Textzentriertheit löst und ihn stattdessen auf die Aufführung und das Hören ausrichtet.4

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-05348-0_21

Full citation:

Bork, C. (2013)., Text versus Performance: zu einem Dualismus der Musikgeschichtsschreibung, in M. Calella & N. Urbanek (Hrsg.), Historische Musikwissenschaft, Stuttgart, Metzler, pp. 383-401.

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