Repository | Book | Chapter

217814

(2006) Kultur. Theorien der Gegenwart, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

René Girard

Ein anderes Verständnis von Gewalt

Konrad Thomas

pp. 325-338

Das Thema Gewalt wird allerorts diskutiert, von den Parlamenten bis in private Runden. Gewalt wird von Kriminologen, Psychologen und Soziologen untersucht. Zwei Fragen stehen im Mittelpunkt. Erstens: "Wo kommt sie her?"; zweitens: "Wie kann sie verhindert werden?" Aber die Frage, "Wessen Gewalt ist gemeint?", wird selten reflektiert. Es müsste doch auffallen, dass es sich um die Gewalt der Anderen handelt, die Gewalt der Hooligans, der Serben und Kosovaren, der Hutu und Tutsi, der Terroristen in aller Welt. Es sind doch vorwiegend andere Menschen unter anderen Verhältnissen, die Gewalt ausüben, die man dann mit den Attributen der Entrüstung belegt: "primitiv", "roh", 'sinnlos". Die Diskutierenden und Forschenden sind über solche Taten anscheinend erhaben. Aber ist nicht vielleicht die Gewalt der Anderen unser aller, der Menschen Gewalt? Auf diese Frage wird selten eingegangen. Im Rückblick auf die schlimmsten Formen der Gewalt, nach Auschwitz, formuliert Imre Kertész: "Wir können und wollen und wagen es einfach nicht, uns mit der brutalen Tatsache zu konfrontieren, daß jener Tiefpunkt der Existenz, auf den der Mensch in unserem Jahrhundert zurückgefallen ist, nicht nur die eigenartige und befremdliche -‚unbegreifliche" — Geschichte von ein oder zwei Generationen darstellt, sondern zugleich eine generelle Möglichkeit des Menschen, das heißt eine in einer gegebenen Konstellation auch unsere eigene Möglichkeit einschließende Erfahrungsnorm." (Kertész 1999: 21)

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-531-90017-9_26

Full citation:

Thomas, K. (2006)., René Girard: Ein anderes Verständnis von Gewalt, in S. Moebius & D. Quadflieg (Hrsg.), Kultur. Theorien der Gegenwart, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 325-338.

This document is unfortunately not available for download at the moment.