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Das Verschwinden der Anderen? Digitalität und Diskursive Praxis

Konstanz, 21 - 22 October 2022

Official Website

Universität Konstanz | Fachbereich Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften

 

Seminar und Workshop mit eingeladenen Gästen  

 

In seinem Buch Infokratie. Digitalisierung und die Krise der Demokratie (2021) bezeichnet Byung-Chul Han das Smartphone als einen ›Unterwerfungsapparat‹, der den Zerfall der Öffentlichkeit beschleunige, indem es als mobiles Schaufenster unentwegt Privates veröffentliche. Nach Han bringt das Smartphone daher eher ›Konsum- und Kommunikationszombies‹ hervor als ›mündige Bürger‹. Doch warum gerade ›Zombies‹ und was sind ›mündige Bürger‹? Es geht Han darum, herauszustellen, dass digitale Kommunikation Umsteuerungen des Informationsstromes bewirkt, die sich destruktiv auf den demokratischen Prozess auswirken: »Informationen werden verbreitet, ohne dass sie den öffentlichen Raum passieren. Sie werden in Privaträumen produziert und an Privaträume gesendet.« Auf diese Weisen bilden sie nach Han damit in ihrer Netzstruktur keine Öffentlichkeit, was von den ›sozialen‹ Medien verstärkt wird, weswegen wir es mit einer Kommunikation ›ohne‹ Gemeinschaft zu tun haben. 

Doch wie sieht eine Kommunikation ›mit‹ Gemeinschaft aus, wie ist hier mit Han, der an dieser Stelle zurecht Hannah Arendt und ihr Demokratieverständnis einer diskursiven Praxis hinzunimmt, weiterzudenken, aber auch über ihn hinaus? Was ist privat, was öffentlich, was ist in dieser Gemengelage eine Gemeinschaft und entsteht diese nicht doch auch über die vermeintlich ›sozialen‹ Medien, auch so gedacht, dass dort vielleicht Menschen, Mitbürger:innen, eine Stimme haben, erheben können und damit die Anerkennung finden, die sie sonst nirgendwo bekommen? Wie, so ist zu fragen, verhält es sich mit dieser Anerkennung des:der Anderen, mit Gemeinschaften von Anderen bzw. mit communities, wie die Gemeinschaften in sozialen Medien genannt werden? Wie verlaufen Prozesse der Anerkennung in digitalen Umgebungen sozialer Medien? Sind diese tatsächlich nur in privaten Accounts vorfindbar und sind sie womöglich, wenn rein virtuell über ein Bild, ein Herzchen, einen kurzen Satz vermittelt, gar nicht real, weil nicht in zwischenleiblicher Ko-Präsenz unter und mit anderen Menschen? Was bedeutet es, wenn die Anerkennung verwehrt wird und zu Verletzungen führt? Entfalten sich aber nicht sowohl hier, im körperlichen Austausch vor Ort, wie dort, im unkörperlichen und in diesem Sinne womöglich unpersönlichen Austausch im Internet, ethische Dimensionen etwa des Sehens und Gesehenwerdens, die auf bestimmte Art und Weise gemeinschaftsbildend sind oder sein können? Und wenn nicht, warum nicht? Verschwinden die Anderen nicht aus unserem Blickfeld, aber doch – zumindest zeitweise – aus unserem Umfeld? Welche Prozesse anerkennender Verkennung oder verkennender Anerkennung werden in medialen Prozessen als Gemeinschaftsbildung oder -verweigerung erkennbar? An dieser Stelle kann der Einbezug technopolitischer Dimensionen im ästhetisch-politischen Aktivismus besonders die infrastrukturellen, medialen und institutionellen Bedingungen neuer Vergemeinschaftungen in den Blick nehmen, die Möglichkeiten mikropraktisch-teilhabenden Kritisierens und Protestierens ausloten und die Herausbildung eines neuen hegemonialen Diskurses durch die Pluralisierung kultureller Muster und Handlungsräume unterbrechen. 

 

 

Der von Beate Ochsner und Jörg Sternagel organisierte Workshop, dem ein Seminar von mit BA- und MA-Studierenden in der Vorlesungszeit im Sommersemester 2022 vorausgeht, möchte dieses fragende Suchen derart zusammen mit den eingeladenen Gästen und den Studierenden fortsetzen, vertiefen und pointieren. 

 

Das Seminar findet am 22. und 23. Juli 2022 jeweils von 10.00 bis 18.00 Uhr online über BigBlueButton statt. Es wird am 22. Juli von 16.00-18.00 Uhr online begleitet von einem Abendvortrag von Annekathrin Kohout (freie Autorin) zum Netzfeminismus. 

 

Der Workshop findet am 21. und 22. Oktober 2022 in Präsenz an der Universität Konstanz statt: 

 

Tag # 1: Fr., 21.10.22

 

Universität Konstanz, Raum H305, Universitätsstraße 10, 78464 Konstanz

 

09.15 Uhr-11.00 Uhr: Internes Plenum: Textdiskussion.

11.00-11.15 Uhr: Pause.

11.15-13.00 Uhr: Öffentlicher Vortrag »Digitale und andere Andere« von Thomas Bedorf (FernUniversität in Hagen) mit anschließender Diskussion.

13.00 Uhr: Gemeinsames Mittagessen. 

 

Tag # 2: Sa., 22.10.22 

 

Bischofsvilla Konstanz, Otto-Adam-Straße 5, 78467 Konstanz

09.15-11.00 Uhr: Internes Plenum: Textdiskussion

 

11.00-11.15 Uhr: Pause.

11.15-13.00 Uhr: Öffentlicher Vortrag »Activist Sense and the Coming Collactive« von Christoph Brunner (Leuphana Universität Lüneburg) mit anschließender Diskussion.

13.00 Uhr: Gemeinsames Mittagessen. 

 

 

Um Anmeldung für die Teilnahme an den öffentlichen Vorträgen wird bis zum 18.10.22 per Email gebeten an: beate.ochsner@uni-konstanz.de und joerg.sternagel@uni-konstanz.de